In der Affäre um die NSU-2.0-Drohbriefe hat der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Günter Rudolph, Innenminister Peter Beuth (CDU) erneut scharf kritisiert. „Der Minister legt im Umgang mit denen, die auf widerwärtigste Weise bedroht und eingeschüchtert wurden, eine katastrophale Mischung aus Tatenlosigkeit, Ignoranz und mangelnder Empathie an den Tag“, sagte Rudolph am Freitag in Wiesbaden.
Zuvor hatte die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) ausführlich über die Lage der Frankfurter Rechtsanwältin Sedar Başay-Yıldız berichtet, die im August 2018 die erste Empfängerin von rechtsextremistische Drohschreiben mit der Signatur „NSU 2.0“ war. Başay-Yıldız beklagt gegenüber der FAZ, dass sie die Kosten von Sicherheitsmaßnahmen tragen müsse, zu denen ihr das Landeskriminalamt (LKA) geraten habe. Außerdem habe es bis heute kein persönliches Treffen mit dem Innenminister gegeben, der offenkundig kein Interesse an einem Gespräch habe.
Günter Rudolph sagte: „Der eine Skandal ist, dass gesichert von einer Unterstützung des Briefschreibers durch hessische Polizeibeamte auszugehen ist. Der andere Skandal besteht darin, dass es bis heute keine greifbaren Ermittlungsergebnisse im NSU-2.0-Komplex gibt. Zweieinhalb Jahre, nachdem das erste Drohschreiben aufgetaucht ist, steht der politisch verantwortliche Innenminister mit leeren Händen da. Daran hat auch die Arbeit des Sonderermittlers nichts geändert, den der Minister im vergangenen Jahr mit viel öffentlichem Tamtam eingesetzt hat. Zu diesem fachlichen Versagen kommt die menschliche Komponente: Dass sich der Innenminister vor persönlichen Begegnungen mit denen wegduckt, die zur Zielscheibe von rechtem Hass und rechter Gewalt in Hessen geworden sind, ist leider nichts Neues. Dass er Frau Başay-Yıldız‘ Antrag auf Kostenübernahme mit einem bürokratisch-kalten Schreiben seines Landespolizeipräsidenten zurückweisen lässt, ist schlechter Stil. Und dass er mit seinem Verhalten gegenüber den Betroffenen den Eindruck von mangelndem Interesse und fehlender Empathie erweckt, scheint ihn nicht zu kümmern. Die NSU-2.0-Affäre lässt sich aber nicht durch wegschauen und wegducken klären, sondern nur durch konsequente Ermittlungsarbeit. Daran, dass der Innenminister diese gewährleisten kann, gibt es mehr denn je erhebliche Zweifel.“