Landesregierung kapituliert vor der Wirklichkeit

Der Hessische Landtag hat heute in Zweiter Lesung einen Entwurf der Landesregierung für ein Gesetz zum Glücksspielstaatsvertrag behandelt. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, Günter Rudolph, sagte in der Plenardebatte, der Gesetzentwurf werde sein Ziel – die Regulierung des kommerziellen Glücksspiels, das derzeit in einem rechtlichen Graubereich stattfinde – aller Voraussicht nach nicht erreichen.

„Obwohl privates Glückspiel in Deutschland verboten ist, sind jenseits der staatlichen Angebote private Anbieter unterwegs, die ihren Sitz beispielsweise auf Malta oder in Gibraltar haben und sich der nationalen Gesetzgebung in Deutschland entziehen“, stellte Rudolph fest. Der Gesetzentwurf der Landesregierung gebe sich gar keine Mühe, daran etwas zu ändern, sondern legalisiere einfach, was bisher verboten sei. „Insofern ist dieses Gesetz kein großer Wurf, sondern eine Kapitulation vor der Wirklichkeit“, sagte Günter Rudolph.

Zu den wenigen positiven Aspekten des Gesetzentwurfes gehöre die Absicht, eine gemeinsame Aufsichtsbehörde der Bundesländer für das Glücksspiel zu schaffen, auch wenn diese erst Anfang 2023 ihre Arbeit aufnehmen solle, während der Glücksspielstaatsvertrag schon im Juli dieses Jahres in Kraft trete.

Eine schriftliche Anhörung von Experten habe deutlich gemacht, dass die Legalisierung von Online-Casinospielen nicht unproblematisch sei. Um Geld zu spielen sei kein harmloses Freizeitvergnügen, sondern das Einfallstor für Spielsucht, deren gesundheitswirtschaftlicher Schaden sich nach Expertenschätzungen bundesweit auf bis zu 6,6 Milliarden Euro belaufen könnten, so Rudolph.

„Deswegen ist ein umfassender Spieler- und vor allem Jugendschutz erforderlich, der sich in diesem Gesetz so wenig findet wie eine wissenschaftliche Begleitung und Überprüfung der Maßnahmen“, kritisierte Günter Rudolph.

Das Einzahlungslimit für Onlineglückspiele liege mit 1.000 Euro monatlich zu hoch, Spielsüchtige würden von dieser Begrenzung nicht davor bewahrt, sich in den Ruin zu zocken. Im Sinne der Suchtprävention sei auch eine deutliche Einschränkung der Werbung für Glücksspiele erforderlich.

Mit deutlichen Worten kritisierte Rudolph das Gesetzgebungsverfahren insgesamt: „Wir hielten und wir halten es für unverzichtbar, im Rahmen einer mündlichen Anhörung mit Glücksspielexperten alle Aspekte der Spielsucht ausführlich zu erörtern. Aber so eine Anhörung haben CDU und Grüne in der ihnen eigenen Arroganz abgelehnt. Der Glücksspielstaatsvertrag und die ihn begleitenden Gesetze hätte eine vernünftige parlamentarische Beratung verdient, statt des unwürdigen Hauruck-Verfahrens, mit dem die Landesregierung das Thema durch den Landtag drückt.“