Hessen braucht Bürger- und Polizeibeauftragten, um Vertrauen in den Rechtsstaat zu stärken

Anlässlich der heutigen Anhörung u.a. zu den Gesetzentwürfen zur Schaffung eines Polizei- und Bürgerbeauftragten in Hessen erläuterte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion Günter Rudolph erneut den Sinn und Zweck des SPD-Gesetzentwurfs:

„In der heutigen Zeit werden die Lebensverhältnisse immer komplexer, die behördlichen Zuständigkeiten immer diffiziler. Wir müssen deshalb eine Möglichkeit schaffen, um behördliche Strukturen besser verstehen und nachvollziehen zu können sowie Entscheidungsprozesse transparent zu machen. Gerade die aktuellen Vorkommnisse innerhalb der hessischen Polizei verdeutlichen, wie wichtig eine Stelle ist, an die Polizeibeamtinnen und -beamte Missstände und Fehler melden können ohne hierdurch in Verruf zu geraten. Dies kann nur durch eine unabhängige Stelle außerhalb der bestehenden hierarchischen Strukturen gewährleistet werden. Darüber hinaus sollten Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit haben, Beschwerden über polizeiliche Maßnahmen einer unabhängigen Stelle melden zu können.“

Auch auf die Kritik zweier Polizeigewerkschaften an der Idee des Polizeibeauftragten ging Rudolph ein: „Es geht gerade nicht darum, unsere Polizei pauschal zu verurteilen. Wir wollen mit der neuen unabhängigen Stelle unter anderem eine Möglichkeit dafür schaffen, dass Fehlverhalten innerhalb der Polizei schneller sichtbar wird und bekämpft werden kann. Auch deshalb freuen wir uns über die Positionierung des Bundes der Kriminalbeamten, der es in seiner Stellungnahme auf den Punkt bringt: Eine Anbindung an das Ministerium wird von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten häufig als Grund dafür gesehen, sich nicht an diese Stelle zu wenden, weil Zweifel bestehen, dass die Eingaben vertraulich behandelt werden. Der Landesvorsitzende Herr Peglow hat zudem zu Recht die Frage gestellt, wo wir in den Ermittlungen zu den Drohschreiben NSU2.0 wären, wenn es schon frühzeitiger Hinweise an eine unabhängige Stelle hätte geben können. Hier muss es andere Kommunikationswege geben. Aus unserer Sicht ist der unabhängige Polizeibeauftragte die richtige Lösung für dieses Problem.“

Rudolph erinnerte daran, dass Innenminister Beuth die Idee eines unabhängigen Bürger- und Polizeibeauftragten bei der Einbringung des SPD-Gesetzentwurfs noch rundweg abgelehnt hatte. „Es waren die Vorkommnisse rund um die NSU 2.0- Schreiben in diesem Sommer, die den mit dem Rücken an der Wand stehenden Innenminister dazu gebracht haben, die Idee des Polizeibeauftragten plötzlich in sein aus der Not heraus geborenes Maßnahmenpaket aufzunehmen. Wir hätten uns gewünscht, dass der hessische Innenminister von vorneherein ein eigenes Interesse daran gehabt hätte, die Situation auch im Sinne der hessischen Polizistinnen und Polizisten zu verbessern. Leider war dies nicht der Fall“, kritisierte Rudolph. Im Vergleich zu dem nun hektisch eingebrachten dringlichen Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen, biete der SPD-Gesetzentwurf einige Vorteile: „Aus unserer Sicht muss der Bürger- und Polizeibeauftragte größtmöglich legitimiert sein. Unser Gesetzentwurf sieht daher eine geheime Wahl vor. Wir verzichten außerdem auf ein Vorschlagsrecht der Landesregierung, wie von CDU und Bündnis90/Die Grünen gewünscht. Wenn wir hier eine weitgehende Unabhängigkeit schaffen wollen, ist dies nicht der richtige Weg. Zudem muss die Stelle mindestens gleichwertig mit den hessischen Behördenleitungen sein, auch um auf Augenhöhe mit den entsprechenden Behörden kommunizieren zu können. Die von den Regierungsfraktionen vorgesehene Besoldungsstufe B 3 wird dem nicht gerecht!“

Rudolph erwarte, dass die Regierungsfraktionen die Anhörung zum Anlass nehmen, den ein oder anderen Punkt, der in der Anhörung kritisiert wurde, in ihrem Gesetzentwurf zu ändern. Die SPD-Fraktion werde ihrerseits die umfangreiche Anhörung auswerten und Hinweise in den eigenen Gesetzentwurf einarbeiten.